Start > Legasthenie > Lernziele im Schriftspracherwerb Wissen für Eltern

Grundlegende Lernziele im Schriftspracherwerb

Schüler beim Schreiben
© pressmaster - stock.adobe.com

Die Schrift = Codierung der Sprache
Die Verbindung zwischen geschriebener und gesprochener Sprache zu verstehen ist ein wichtiger Meilenstein in der frühkindlichen Bildung. Dieses Konzept, auch bekannt als das Alphabetprinzip oder das Phonem-Graphem-Korrespondenzprinzip, ist die Idee, dass Buchstaben (oder Gruppen von Buchstaben) in geschriebener Sprache den Klängen (oder Phonemen) in gesprochener Sprache entsprechen. Dieses Verständnis ist grundlegend für die Entwicklung der Fähigkeiten des Lesens und Schreibens.

Einzelne Buchstaben ≠ Bedeutung eines Wortes
Kinder müssen lernen, dass in einer alphabetischen Schrift wie dem Deutschen oder Englischen die einzelnen Buchstaben nicht direkt die Bedeutung eines Wortes repräsentieren, so wie ein Bild in einer Bilderschrift das tun würde. Stattdessen repräsentieren die Buchstaben die Klänge oder Phoneme, aus denen das Wort besteht. Zum Beispiel könnte ein Kind, das gerade erst das Lesen lernt, ein Bild von einem Hund sehen und sofort wissen, dass es einen Hund repräsentiert. Aber wenn das Kind das Wort "Hund" sieht, muss es verstehen, dass die Buchstaben H, U, N und D nicht direkt einen Hund repräsentieren, sondern die Klänge, die zusammen das Wort "Hund" bilden.

Der Lautstrom des Gesprochenen lässt sich in immer kleinere Einheiten aufgliedern.
Dieses Verständnis ist ein wichtiger Teil der phonologischen Bewusstheit, einer entscheidenden Fähigkeit für das Erlernen des Lesens und Schreibens. Phonologische Bewusstheit bezieht sich auf das Verständnis, dass gesprochene Sprache in kleinere Einheiten aufgeteilt werden kann. Dies beginnt oft mit dem Bewusstsein für größere Einheiten wie Wörter und Sätze. Mit der Zeit entwickeln Kinder das Bewusstsein für kleinere Einheiten der Sprache. Sie lernen, dass Wörter in Silben aufgeteilt werden können und dass Silben aus einzelnen Lauten oder Phonemen bestehen. Zum Beispiel kann das Wort "Katze" in zwei Silben aufgeteilt werden ("Kat" und "ze"), und jede Silbe besteht aus einzelnen Phonemen. Dieses Verständnis der Struktur der gesprochenen Sprache ist entscheidend für das Erlernen der Schriftsprache. Wenn Kinder verstehen, dass Buchstaben und Buchstabengruppen Phoneme repräsentieren, können sie beginnen, Wörter phonetisch zu dekodieren und zu schreiben.

Darstellung von Lauten mit Zeichen
Hierbei geht es um das Verständnis, dass jeder gesprochene Laut oder jedes Phonem durch ein bestimmtes Zeichen (oder einer Gruppe von Zeichen) aus dem Alphabet dargestellt werden kann. Beispielsweise muss ein Kind lernen, dass der Laut /k/ in der deutschen Sprache durch den Buchstaben "k" oder "c" dargestellt werden kann, der Laut /a/ durch den Buchstaben "a", und so weiter. Es muss auch lernen, dass einige Laute durch Kombinationen von Buchstaben dargestellt werden, wie "ch" oder "sch" im Deutschen. Dieses Verständnis ermöglicht es Kindern, Wörter phonetisch beim Lesen zu dekodieren und beim Schreiben zu kodieren, indem sie die entsprechenden Buchstaben für jeden Laut im Wort identifizieren.

Zeichen wurden willkürlich festgelegt, sind aber verbindlich.
Die Tatsache, dass die Beziehung zwischen Buchstaben (oder Zeichen) und den Klängen, die sie repräsentieren, willkürlich und konventionell ist, kann zunächst verwirrend sein, aber es ist ein grundlegendes Prinzip der alphabetischen Schriften. In anderen Worten, es gibt keinen inhärenten Grund, warum der Laut /k/ beispielsweise durch den Buchstaben "K" repräsentiert wird. Diese Zuordnung ist willkürlich und basiert auf gesellschaftlichen Konventionen und der Geschichte der Sprache. Aber sobald diese Zuordnung festgelegt ist, ist sie allgemein verbindlich und konsistent innerhalb der Sprache. Das Erlernen dieser Konventionen ist ein wesentlicher Aspekt der Entwicklung der Lese- und Schreibfähigkeiten. Kinder müssen verstehen, dass, obwohl diese Zuordnungen willkürlich sind, sie dennoch die Regeln befolgen müssen.

Sequentielle Verarbeitung
In unserer Sprache werden Wörter und Sätze von links nach rechts und von oben nach unten geschrieben und gelesen. Diese Richtung ist eine Konvention, die konsequent eingehalten werden muss. Kinder müssen auch lernen, dass die Reihenfolge der Buchstaben von links nach rechts in einem Wort wichtig ist und dass das Hinzufügen, Auslassen oder Vertauschen von Buchstaben die Bedeutung eines Wortes verändern oder es unverständlich machen kann.

Es gibt mehr Laute als Buchstaben
Dies liegt daran, dass oft einzelne Buchstaben oder Kombinationen von Buchstaben verwendet werden, um verschiedene Laute zu repräsentieren. Einige Phoneme werden durch einzelne Buchstaben dargestellt, während andere durch Kombinationen von Buchstaben dargestellt werden. Beispielsweise repräsentiert der Buchstabe "a" den Laut /a/, aber die Kombination "sch" repräsentiert den Laut /ʃ/. Das Verständnis, dass es mehr Laute als Buchstaben gibt, und dass Buchstabenkombinationen verschiedene Laute repräsentieren können, ist ein wichtiger Teil des Alphabetprinzips.

Mehrere Zeichen für manche Laute
Zum Beispiel wird im Deutschen das Phonem /f/ durch die Buchstaben "v" oder "f" repräsentiert, wie in "Vater" und "Fisch".

Ein Laut aus mehreren Buchstaben
In vielen Sprachen, einschließlich Deutsch, gibt es mehrere Buchstaben, die zusammenarbeiten, um einen einzigen Laut oder Phonem zu erzeugen. Diese werden als Digraphen (zwei Buchstaben) oder Trigraphen (drei Buchstaben) bezeichnet. So repräsentiert zum Beispiel der Digraph "ng" den Laut /ŋ/, wie in "lang", und der Trigraph "sch" repräsentiert den Laut /ʃ/, wie in "Schule". Ebenso steht "nk" für den Laut /ŋk/, wie in "Bank".

Manche Buchstaben repräsentieren mehrere Laute.
Dies ist ein weiterer Aspekt der Graphem-Phonem-Korrespondenz, der das Erlernen des Lesens und Schreibens komplexer macht. Zum Beispiel repräsentiert der Buchstabe "z" den Laut /ts/, wie im Wort "Zug".

„Schwache“ oder „stumme“ Laute
Diese Laute können für junge Lernende eine besondere Herausforderung sein. Beispielsweise werden die Endungen "-en" und "-el" oft mit einem schwachen Vokal oder gar nicht ausgesprochen, wie in "gehen" (/ge:/) . Trotzdem müssen diese Endungen im Schriftbild korrekt wiedergegeben werden. Das Bewusstsein für diese Diskrepanz zwischen gesprochener und geschriebener Sprache ist ein wichtiger Teil des Erlernens des Lesens und Schreibens. Kinder, die diese Konzepte verstehen, sind besser in der Lage, Wörter korrekt zu schreiben und zu lesen, selbst wenn die Aussprache nicht genau dem Schriftbild entspricht.

Ähnlich klingende Laute mit unterschiedlicher Schreibweise
Ein Beispiel ist die Aussprache der Endungen "-er" und "-a" in Wörtern wie "Vater" und "Sofa". Obwohl die Aussprache dieser Endungen ähnlich sein kann, insbesondere in einigen Dialekten oder regionalen Akzenten, werden sie unterschiedlich geschrieben. Dieses Verständnis der Nuancen und Ausnahmen in der Graphem-Phonem-Korrespondenz ist ein wichtiger Teil beim Schriftspracherwerb.

Orthografische Regeln
Es gibt orthografische Regeln, die vorschreiben, wie bestimmte Laute oder Lautkombinationen geschrieben werden, auch wenn diese nicht immer in der Aussprache reflektiert werden. Einige Beispiele:

  • Doppelvokale (z. B. "ee" in "See") und Doppelkonsonanten (z. B. "tt" in "Watte")
  • "ie" repräsentiert den langen /i:/ Laut, wie in "Lied".
  • Das Dehnungs-h wird verwendet, um einen langen Vokal darzustellen, wie in "mehr". Es wird jedoch nicht als separates Phonem ausgesprochen.

Zum Online-Legasthenie-Test (kostenlos)




Dieser Artikel wurde gegengelesen von der Expertin:

LRS-Experting Mag.a Claudia Dietrich
AHS-Professorin am Evangelischen Gymnasium in Wien
Psychologie und Philosophie
Schüler*innen und Bildungsberatung
Geprüfte LRS-Trainerin



Diesen Inhalt teilen
Teilen
Die große Übersicht
LRS-Schüler
© Ilike - stock.adobe.com Legasthenie oder Lese-Rechtschreib-Störung Legasthenie ist eine Lernschwäche, die sich vor allem in Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben äußert. Die Ursachen sind vielfältig und umfassen sowohl biologische als auch umweltbedingte Faktoren.
Wissen
frustrierter Schüler
© V&P Photo Studio - stock.adobe.com Psychische Belastungen aufgrund von Legasthenie Kinder mit LRS können eine Reihe von emotionalen und psychologischen Herausforderungen erleben, die mit ihren Lernschwierigkeiten zusammenhängen.
Hintergrundwissen
Schüler beim Schreiben
© pressmaster - stock.adobe.com Grundlegende Lernziele im Schriftspracherwerb Was muss ein Kind können, um ein Wort korrekt zu Papier zu bringen oder zu lesen? Diese Lernziele müssen LRS-Kinder erreichen.
Elternratgeber
Eltern mit Kindern beim Lernen
© WavebreakMediaMicro - stock.adobe.com Tipps für Eltern von Kindern mit LRS Wir raten Eltern, so schnell wie möglich Unterstützung zu suchen, damit die Förderung beginnen kann. Erfahren Sie mehr über Ihren persönlichen Umgang mit dem betroffenen Kind.
Kostenlos
LRS-Test
© rob3000 - stock.adobe.com Legasthenie-Test Dieser in der Praxis langjährig erprobte Legasthenie-Test bietet eine gute erste Orientierung, ob sich der Verdacht auf eine Legasthenie u/o LRS erhärtet oder entkräftet. Bitte beachten Sie, dass dieser Test nicht standardisiert bzw. normiert ist.
Kostenlos
Wort-Trainer Deutsch bei Legasthenie / LRS
Wort-Trainer Deutsch Die App spricht den Kindern Wörter vor und prüft, ob diese richtig geschrieben werden. Je öfter ein Wort richtig geschrieben wird, desto seltener erscheint es in der App. Sie haben die volle Kontrolle über die individuelle Liste deutscher Wörter und genießen umfassende Auswertungen.
Blick hinter den Stressvorhang
Kind mit ADHS
Bild mit AI generiert ADHS besser verstehen Existiert die Störung wirklich, oder ist sie nur ein Produkt moderner Gesellschaften? Dieser praktische Leitfaden für Eltern zur Unterstützung und Förderung ihrer Kinder klärt auf und bietet Hilfestellung.